Grasegger Magazin - ZEIT LOS

1 0 | 1 1 Sie (...) ernährte sich hauptsächlich von sprunghaften Gedanken und abwegigen Ideen. Und hatte mich damit schon auf den ersten Seiten. Magnifica. Figur des gleichnamigen Romans und sinn- gleich dafür, was Bücher mit einem machen können. Denn ich war raus aus allem, fand mich in dieser Zeile wieder und tauchte in die Geschichte. „Lesen ist alles andere sein lassen.“ Mit diesen Worten empfing mich Michl Leismüller in seiner Buchhandlung – und machte mich erstmal sprachlos. Und während ich in meinen sprunghaften Gedanken kramte, warum das beim Lesen so ist, ich zum Beispiel nie auf die Idee kommen würde, während- dessen aufs Smartphone zu schauen, empfahl er mir oben genanntes Buch: Magnifica. Als einer jener verborgenen Schätze, die ihm in seinem Geschäft besonders am Herzen liegen. „Das Besondere zu finden, bringt uns am meisten Spaß. Bestimmte Bücher zu suchen, die nie auf der Bestsellerliste landen. Und dann vielleicht die Bestätigung zu kriegen, dass sich die Suche gelohnt hat, weil das Buch unseren Kunden ge- fällt. Darum gibt es bei uns auch immer wieder Bücher, die in der Presse schlecht besprochen werden, und wir besprechen sie gut. Denn wir nehmen uns Zeit für die Geschichte, denken über Empfehlungen nach und scheuen vor schnellen Urteilen“ sagt er zu Beginn unseres Gesprächs. An einem Ort, der sich zwischen vielen Büchern angenehm zurücknimmt. Vor- gefertigte Aktionstische, die nach Aufmerk- samkeit und schnellen Kaufentscheidungen rufen, sucht man hier vergebens. Vielmehr wird man von einer persönlichen Stimmung willkommen geheißen und kann sich der Spannung hingeben, auf eigene Faust entde- cken zu dürfen. So kann das Innehalten auch außerhalb der Buchdeckel einziehen und mein nächster sprunghafter Gedanke in aller Ruhe herauskommen. Ob Michl sich vorstellen kann, dass sich durch eines seiner Bücher ein Leben geändert hat? Ich denke an einen Zufallsgriff, eine Empfehlung und dann... zum Beispiel an ein Reisebuch, das den Umzug nach Neuseeland zur Folge hat oder ein Roman wie „Gut gegen Nordwind“, der Nachahmer findet und zwei Menschen zu- sammenbringt, die sich sonst nie getroffen hätten. Seine Augen blitzen schmunzelnd. Ein bisschen zu viel Hollywood. Aber den- noch – das Buch ist für ihn auf jeden Fall ein wichtiger Impulsgeber. „Es kann bewirken, dass sich jemand plötzlich für etwas interessiert, das er vorher nicht auf dem Schirm hatte und dann entwickelt er sich weiter. Das hört sich jetzt vielleicht theatralisch an, aber lesen ist gut für den Menschen. Weil man viel tiefer in e- men reinkommt, die man in den neuen Medien oft nur an der Oberfläche streift. Sich länger mit etwas abgeben, „sich rausnehmen“ aus irgend- was – das allein ist schon entschleunigend und wann hat man im Alltag solche Momente? Außer beim Lesen... oder man geht auf den Berg bzw. bewegt sich in der Natur.“ Vor meinem inneren Auge sehe ich ihn in der Morgendämmerung die Zugspitze erklimmen und auf dem Jakobsweg ein Zwiegespräch mit seinen Blasen halten. Doch extrem oder besonders lang muss es für ihn gar nicht sein. Er geht lieber so, dass er sich mit Freunden oder der Familie unterhalten kann. „Und wenn man draußen unterwegs ist, kann man auch mal innehalten und nichts sagen, ohne dass das komisch ist. Wenn man im Gasthaus sitzt, zu zweit, und dann redet mal 5 Minuten keiner... da muss man schon super befreundet sein, damit sich das nicht komisch anfühlt...“ (wir lachen). / L E S EN I S T ALLES ANDERE SE I N LASSEN

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